Sauerteig ansetzen – so klappt es!

by Helge Heinemann
Sauerteig ansetzen - so klappt es

Sauerteig ansetzen – eine Wissenschaft für sich? So schwer kann das eigentlich doch gar nicht sein, schließlich haben die alten Ägypter das schon hinbekommen!? 1800 v. Chr. musste man immerhin ganz ohne Industriehefe backen. Das eigentliche Anzüchten des Sauerteig-Ansatzes ist tatsächlich gar nicht schwer. Es braucht nur gute Rohstoffe, Temperatur und – wie so oft die wichtigste Zutat: Zeit. 

Sauerteige enthalten eine Lebensgemeinschaft von Milchsäurebakterien und Hefepilzen, die der Mensch seit mehreren tausend Jahren für die Herstellung von Getreidefladen, Brot und brotähnlichen Nahrungsmitteln nutzt. Die Stoffwechselprodukte dieser Mikroorganismen lockern den Teig und verbessern die Verdaulichkeit, das Aroma, den Geschmack und die Haltbarkeit der Backwaren. Eine besondere Bedeutung hat Sauerteig bei der Verwendung von Roggenmehl. Während für Weizenmehl auch reine Hefe als Triebmittel verwendet werden kann, ist bei der Verwendung von Roggenmehl die Zuführung von Säure erforderlich, damit das Brot aufgeht und nicht flach bleibt. Die Milchsäurebakterien des Sauerteigs produzieren diese in Form von Milchsäure und Essigsäure.

Quelle: Wikipedia

Sauerteig ansetzen: Bei einem Rezept bleiben und geduldig sein.

Seit einigen Monaten beschäftige ich mich also nun mit Sauerteig. Ich habe einiges gelesen und noch mehr wieder vergessen. Einfach mal Loslegen, was sonst in der Küche und am Grill häufig meine Devise ist, klappt hier nicht sooo gut. Gleichzeitig erzählt fast jeder etwas Anderes und schnell ist man überwältigt. Ich habe daraus mitgenommen, dass es viele Wege gibt einen aktiven Sauerteig zu züchten, man sollte aber auf einer Route bleiben und nicht alles durcheinander versuchen. Das Wichtigste: Ruhe bewahren!

Sauerteig ansetzen zum Backen ohne Hefe

Fertiger Sauerteig als Vorteig für Brot

Deshalb kann ich euch hier jetzt berichten, wie es für MICH gut funktioniert. Mein Weizen-Sauerteig ist äußerst lebendig und gibt meinen Broten fast jedes Wochenende jede Menge Triebkraft. 

Backen ohne Hefe mit Sauerteig

Das tolle an Sauerteig ist, dass er nicht nur den Geschmack von eurem Brot erheblich verbessert (im Supermarkt gibt es toten Sauerteig, der nur als Geschmacksgeber dem Brotteig zugemischt werden soll), wenn er richtig aktiv ist, schafft er es auch ganz ohne zusätzliche Hefe ein unglaublich luftiges Brot aufgehen zu lassen. Dabei besteht Sauerteig nur aus zwei Rohstoffen: Mehl und Wasser.

Sauerteigbrot ohne Hefe

Luftige Krumme ganz ohne Hefe

Triebkraft durch natürliche Hefen im Mehl

Die Triebkraft, die später euer Brot so schön luftig werden lässt, kommt aus den natürlichen Hefen, die im Mehl enthalten sind. Je natürlicher also das Mehl ist, mit wir unseren Sauerteig füttern, desto schneller und besser gedeiht unser Sauerteig-Ansatz. Je höher die Typ Bezeichnung des Mehls (bei Weizen: 405, 550, 1050, Vollkorn) desto mehr Nährstoffe stecken auch darin. Ihr könnt mit 550er Mehl einen Sauerteig ansetzen, jedoch dauert es dann vermutlich etwas länger bevor er richtig stark wird. Ich benutze ein Vollkorn Bio-Mehl.

Die richtige Temperatur zum Sauerteig ansetzen

In einem Sauerteig leben Organismen. Für unser Vorhaben damit Brot zu backen ist es mit das Wichtigste, dass sich die richtigen Bakterien wohl fühlen. Bei zu niedrigen Temperaturen überleben sie zwar, werden aber inaktiv bzw. träge.  Ist die Umgebungstemperatur zu hoch sterben sie. Sauerteig ansetzen funktioniert am Besten bei 27°C – 28°C. Ich hab mich in meiner Wohnung danach mit einem Einstechthermometer* auf die Suche gemacht. Den perfekten Ort habe ich in einem Sideboard mit geschlossener Tür gefunden, indem meine Musikverstärker mit seiner Abwärme für genau diese wohlige Wärme sorgt. Stattet also ruhig eurem Wifi-Router mal einen Besuch ab und messt bei ihm Fieber ;).

Viele züchten den Sauerteig auch im Backofen an. Damit dieser nicht zu warm wird, schaltet man dann nur die Beleuchtung ein und steckt einen Kochlöffel in die Tür. Das ist jedoch auch suboptimal, denn Sauerteig mag es vor allem konstant warm. Jedes mal, wenn man den Backofen braucht, muss der Sauerteig schließlich dort raus.

Auffrischen bedeutet Wegwerfen

Der Sauerteig-Ansatz wird täglich aufgefrischt. Das bedeutet ihr füttert nur einen Teil des Sauerteiges weiter und werft den Rest weg. Keine Sorge euer Kompost wird sich darüber sehr freuen. Füttert man einfach nur jeden Tag zu, hat man nach wenigen Tagen mehr Sauerteigansatz als man verarbeiten kann. Das klingt erstmal schade, nach dem eigentlichen Anzüchten könnt ihr den entnommenen Ansatz aber an Freunde und Familie weiter geben oder damit backen. Außerdem ist es ja “nur” etwas Wasser und Mehl. 😉

Sauber arbeiten beim Sauerteig ansetzen

Sauberes Arbeiten und keine schädlichen Bakterien oder gar Schimmelsporen in euren Ansatz zu bringen ist wichtig. Das bedeutet nicht, dass man die gewöhnliche Küchenhygiene neu erfinden muss. Viele arbeiten mit mehreren Gläsern und wechseln diese täglich. Ich hab mir angewöhnt wie folgt vorzugehen:

  1. 20g vom Ansatz in einem Schälchen abwiegen
  2. Den übrigen Ansatz weggeben und das Glas mit heißem Wasser ausspülen.
  3. Das Glas auf die Waage stellen und tarieren.
  4. Jetzt 40g handwarmes Wasser direkt im Glas abwiegen.
  5. Die entnommenen 20g Sauerteigansatz wieder zugeben und im Wasser auflösen.
  6. 40g Mehl einrühren. Eure Waage sollte nun auf 100g stehen.
  7. Teigreste vom Glasrand nach unten schieben. Den Rand oben unbedingt sauber halten, damit es hier nicht schimmelt.

Anschließend muss ich nur den verwendeten Löffel und die kleine Schale spülen und kann das immer selbe Glas für den Sauerteig benutzen.

 

Mein Equipment zum Brotbacken*

Gärkörbchen
Bäckermesser
Petromax Dutch Oven
Teigscharber

Blubbern, Geruch und Zeit

Damit ihr das erste Brot backen könnt braucht ihr mindestens 7, besser ungefähr 10 Tage um einen kräftigen Sauerteig-Ansatz zu erhalten. Während dieser Zeit kann sich im Glas ein recht strenger Geruch breit machen. Lasst euch davon nicht beirren. Ein Geruch, der an Nagellackentferner erinnert bedeutet nur, dass euer Sauerteig lebt und Hunger hat. Schnell wird euch auch klar, warum er Sauerteig heißt. Ich habe schon von Leuten gelesen, die am fünften Tag ihren Sauerteig-Ansatz wegen zu strengem Geruch entsorgt- und immer wieder von vorne angefangen haben. Dabei hätten sie einfach weiter machen müssen.

Keine Sorge: Der Reife Teig riecht viel angenehmer. Außerdem verändert sich die Farbe von einem bräunlichem Weiß eher hin zu einem Graubraun. Das sind alles gute Zeichen und das Ganze muss so ablaufen. Lasst euch ebenfalls nicht beirren, wenn der Teig an den ersten Tagen zu explodieren scheint und sein Volumen in kürzester Zeit teilweise verdreifacht, am vierten oder fünften Tag dann aber so gut wie gar nicht mehr aufgeht. Während der ersten Woche kämpfen unterschiedliche Bakterienkulturen um die Vorherrschaft im Sauerteig. Verlasst euch drauf, wenn ihr sauber arbeitet und einen immer gleich warmen Platz gefunden habt, werden die richtigen Mikroorganismen das Zepter übernehmen. Hier ist einfach die angesprochene Geduld gefragt. Füttert routinemäßig weiter und seht eurem Mitbewohner beim Wachsen zu. Verdoppelt der Ansatz sich nach Tag 7 oder 8 innerhalb von drei Stunden nach dem Auffrischen könnt ihr das erste mal damit Backen bzw. einen Vorteig ansetzen. Tut er das noch nicht macht einfach noch zwei Tage weiter.

Genug der Theorie, auf geht’s, Sauerteig ansetzen!

Sauerteig ansetzen - so klappt es
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Sauerteig ansetzen – so klappt's!

Sauerteig ansetzen ist gar nicht schwer. Eine einfache Anleitung, Geduld und Zeit reichen aus.
Vorbereitungszeit5 Minuten
Zubereitungszeit5 Minuten
Total10 Minuten
Gericht: Frühstück
Küche: Deutsch
Keyword: backen mit Sauerteig, Brot backen, Levain, Sauerteig, Sauerteig ansetzen, Sauerteig auffrischen, Sauerteig füttern
100 g aktiver Starter
Kalorien: 80kcal
Autor: Helge Heinemann
Cost: 5 €

Zutaten

  • Vollkorn Weizenmehl oder 550er aufwärts
  • Wasser

Zubereitung

  • Diese Anleitung ist darauf ausgelegt, mit relativ wenig Ansatz anzufangen. Das verhindert einen zu großen Überschuss, der täglich entsorgt wird. Braucht man mehr Ansatz, kann man ihn am Ende einfach auf eine größere Menge züchten, indem man mehr davon im selben Verhältnis füttert.
    Ich gebe euch mal das tägliche Verhältnis von Sauerteig zu Mehl und Wasser an. Ihr braucht jeden Tag 40g Mehl und 40g Wasser.

Sauerteig ansetzen – Tag 1 – Verhältnis 1:1

  • 40g Mehl und 40g Wasser in dem sauberen Glas vermengen. Den Glasrand etwas reinigen bzw. die Teigreste vom Rand nach unten schieben. Den Deckel nur lose auflegen und das Glas bei 28°C (siehe oben) für 24h stehen lassen.

Sauerteig ansetzen – Tag 2 – Verhältnis 1:1:1

  • In einem extra Schälchen 40g des Ansatzes vom Vortag abwiegen. Den Rest entsorgen und das Glas mit heißem Wasser auspülen. Besonders der Rand muss sauber bleiben. Jetzt im selben Glas 40g lauwarmes Wasser abwiegen, die 40g entommenen Sauerteig einrühren und 40g Mehl dazu Mengen. Das Glas enthält nun 120g Sauerteig-Ansatz. Wieder den Deckel lose auflegen und den Sauerteig für die nächsten 24 Stunden warm stellen.
    Beim füttern muss sauber geabreitet werden

Sauerteig ansetzen – Tag 3 – Verhältnis 1:1:1

  • Am dritten Tag kann es gut sein, dass ihr schon Bläschen in eurem Sauerteig seht und er nicht unbedingt gut riecht. Keine Sorge das soll so sein.
  • Wir gehen genau wie an Tag 2 vor und mischen 40g Sauerteig-Ansatz mit 40g Vollkorn Mehl und 40g Wasser.

Sauerteig ansetzen – Tag 4 – Verhältnis 1:2:2

  • Ab Tag vier sollten schon viele Bläschen sichtbar sein und ein säuerlicher Geruch stellt sich ein. Ab hier ist der Sauerteig kräftig genug, dass wir ihm mehr Futter, aber auch mehr Arbeit zur Verfügung stellen. Statt Mehl und Wasser zu verdoppeln, benutze ich ab hier aber nur 20g Sauerteig-Ansatz weiter, um weniger "Verschnitt" zu haben.
    Auch das Wasser wird abgewogen - das ist genauer
  • 20g Ansatz in 40g warmem Wasser auflösen und 40g Mehl einrühren. Wieder 24 Stunden bei 28°C stehen lassen.
    Starter in Wasser auflösen

Sauerteig ansetzen – Tag 5 bis 7 – Verhältnis 1:2:2

  • Euer Sauerteig sollte jetzt schon richtig aktiv sein! Allerdings ist er noch sehr jung und hat deshalb noch zu wenig Power und Aroma, damit damit ein luftiges Brot ensteht. Deshalb wiederholen wie das Prozedere von Tag 4 noch mindestens bis Tag 7.
    Sauerteig ansetzen

Sauerteig ansetzen – Tag 7 – Verhältnis 1:2:2

  • Euer Sauerteig ist nun reif. Jetzt geht es darum ihn so zu aktivieren, dass er sich innerhalb von 2-3 Stunden verdoppelt. Dazu füttern wir ihn ab jetzt alle 10 bis 12 Stunden bzw. einmal früh morgens (vor der Arbeit) und einmal am frühen Abend.

Sauerteig ansetzen – Tag 8 – Verhältnis 1:2:2

  • Hat sich euer Sauerteig nicht innerhalb von drei Stunden entwickelt wie auf dem Beitragsbild zu sehen, füttert ihn weiter zweimal täglich. Spätestens an Tag 10 solltet ihr mit ihm Backen können.
Nun habt ihr einen super aktiven Sauerteig-Ansatz. Hegt und pflegt ihn und er wird euch zu wunderbaren Broten verhelfen! Ich backe mittlerweile zweimal die Woche und das tägliche Füttern ist schon zur Routine geworden. 
Möchtest ihr in den nächsten Tagen kein Brot backen, frischt euren aktiven Sauerteig-Ansatz noch einmal auf und bewahrt ihn dann im Kühlschrank auf. Hier werden die Mikroorganismen ausgebremst und man muss nur einmal in der Woche füttern. Vor dem nächsten Backen muss er dann aber erst wieder aktiviert werden, indem man drei Tage lang  morgens und abends wie an Tag 7 füttert.
In den meisten Rezepten für Sauerteigbrot, wird genau angegeben wieviel Sauerteig-Ansatz ihr benötigt. Auf mindestens diese Menge müsst ihr beim letzten Auffrischen dann anfüttern. In meinem Einsteiger Rezept benötigt man zum Beispiel 80g Ansatz. Füttert ihr also immer auf 100g, könnt ihr die übrigen 20g perfekt weiter führen und für zukünftige Brote benutzen.

Nährwerte

Serving: 100g | Calories: 80kcal | Protein: 12g | Carbohydrates: 50g

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6 comments

Mario März 2, 2021 - 9:25 am

5 Sterne
Servus aus Österreich, ich bin jetzt bei Tag 9 – noch ist er zwar nicht fertig, aber langsam wird es glaube ich. Eine Frage habe ich aber: Wenn der Ansatz dann im Kühlschrank rastet, dann sollte man das Glas schon luftdicht verschließen oder? Sonst trocknet der Ansatz doch aus oder? Danke vorab! Gruß, Mario

Reply
Helge Heinemann März 2, 2021 - 12:09 pm

Hallo Mario,
genau, wenn du den Ansatz im Kühlschrank lagerst, solltest du den Deckel zu drehen. Du kannst ja alle paar Tage mal “lüften” um überschüssige Gärgase aus dem Glas zu lassen.

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M. Black Juli 6, 2021 - 7:49 am

Huhu.
Ich bin heute bei Tag 9 angekommen und seitdem ich 2mal täglich füttere, geht er nicht mehr auf.
Er steht bei konstanten 29 Grad und ich beachte alle Hygienetipps.
Woran kann das liegen?

Alles Liebe

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Helge Heinemann Juli 6, 2021 - 12:05 pm

Hallo!

wie riecht bzw. schmeckt dein Sauerteig denn? Blubbert er noch?
Es kann sein, dass er in der Zeit bis zur zweiten Fütterung die Nahrung / Mehl (noch) nicht verstoffwechselt bekommt. Fütter ihn mal 2-3 tage wieder nur 1x am Tag. 🙂

LG Helge

Reply
Gesine Krueger-Zimmermann Dezember 6, 2021 - 12:17 am

5 Sterne
Hallo ich moechte diesen Sauerteig mit Dinkel ansetzen. Habt ihr Erfahrung damit? Danke im Vorraus.

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Helge Heinemann Dezember 6, 2021 - 9:33 am

Hallo Gesine,
das ist kein Problem, die Anleitung kannst du einfach mit Dinkelmehl verfolgen. Achte auch hier nur auf Bio Qualität und keine Zusätze wie Ascorbinsäure im Mehl.

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